Ich habe mich in dieser Situation an ein Wort von Johannes Chrysostomus, einem Kirchenlehrer des 4. Jahrhunderts, erinnert. Er sagt einmal: „Wenn du den Leib des Herrn ehren willst, dann vernachlässige ihn nicht, wenn er unbekleidet ist. Ehre ihn nicht (hier) im Heiligtum mit Seidenstoffen, um ihn dann draußen zu vernachlässigen, wo er Kälte und Nacktheit erleidet. Jener, der gesagt hat: ‚Dies ist mein Leib‘, ist der gleiche, der gesagt hat: ‚Ihr habt mich hungrig gesehen und mir nichts zu essen gegeben‘, und ‚Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.‘ … Was nützt es, wenn der eucharistische Tisch überreich mit goldenen Kelchen bedeckt ist, während er Hunger leidet? Beginne damit, den Hungrigen zu sättigen, dann verziere den Altar mit dem, was übrigbleibt“.
Die Situation, in die wir durch die Pandemie geschickt sind, erfordert unsere Anpassung, denn wir möchten gerne in dieser Zeit, mit ihren Grenzen und Anforderungen und Chancen leben. Das gilt gesellschaftlich. Das gilt auch spirituell, ebenso im Blick auf unsere Gottesdienstpraxis. Dabei scheint es mir wichtig, die Anpassung nicht in der schnellen Rückgewinnung des Alten zu suchen, sondern in der Abwägung zwischen den uns auferlegten Tatsachen und der Wachsamkeit für das, was neu werden kann, vielleicht sogar soll. Es bleibt die Offenheit notwendig, um zu erfassen, was des Geistes ist.
Ihr sollt mir als ein Königreich
von Priestern und als ein heiliges Volk gehören
Lesung aus dem Buch Éxodus.
In jenen Tagen kamen die Israeliten in die Wüste Sínai. Sie schlugen in der Wüste das Lager auf. Dort lagerte Israel gegenüber dem Berg. Mose stieg zu Gott hinauf. Da rief ihm der Herr vom Berg her zu: Das sollst du dem Haus Jakob sagen und den Israeliten verkünden: Ihr habt gesehen, was ich den Ägyptern angetan habe, wie ich euch auf Adlerflügeln getragen und zu mir gebracht habe. Jetzt aber, wenn ihr auf meine Stimme hört und meinen Bund haltet, werdet ihr unter allen Völkern mein besonderes Eigentum sein. Mir gehört die ganze Erde, ihr aber sollt mir als ein Königreich von Priestern und als ein heiliges Volk gehören.
Ex 19, 2–6a
Da wir mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes,
werden wir erst recht gerettet werden durch sein Leben
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom.
Schwestern und Brüder!
Christus ist, als wir noch schwach waren, für die zu dieser Zeit noch Gottlosen gestorben. Dabei wird nur schwerlich jemand für einen Gerechten sterben; vielleicht wird er jedoch für einen guten Menschen sein Leben wagen. Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. Nachdem wir jetzt durch sein Blut gerecht gemacht sind, werden wir durch ihn erst recht vor dem Zorn gerettet werden. Da wir mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Gottes Feinde waren, werden wir erst recht, nachdem wir versöhnt sind, gerettet werden durch sein Leben. Mehr noch, ebenso rühmen wir uns Gottes durch Jesus Christus, unseren Herrn, durch den wir jetzt schon die Versöhnung empfangen haben.
Röm 5, 6–11
In jener Zeit, als Jesus die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben. Da sagte er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden! Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen Die Namen der zwölf Apostel sind: an erster Stelle Simon, genannt Petrus, und sein Bruder Andreas, dann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes, Philíppus und Bartholomäus, Thomas und Matthäus, der Zöllner, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus, Simon Kananäus und Judas Iskáriot, der ihn ausgeliefert hat. Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: Geht nicht den Weg zu den Heiden und betretet keine Stadt der Samaríter, sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israe Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe! Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.
Mt 9, 36 – 10, 8
Nach der österlichen Zeit wird uns in den Evangelien der Sonntage wieder das Matthäus-Evangelium zum Wegbegleiter. Heute stellt es uns die Szene der Aussendung der zwölf Jünger vor. Wir hören diese Episoden nicht nur als Geschichten der Vergangenheit, sondern als Bilder, mit denen wir unseren eigenen Glaubensweg betrachten können.
Gleich der einleitende Satz kann uns anrühren: Menschen haben Jesus als jemanden erlebt, der Mitleid hatte mit vielen Menschen. Was er wahrgenommen hat: ‚Sie waren müde und erschöpft.‘ Manche von uns werden sich darin angesprochen sehen – nicht aus depressiver Stimmung, sondern weil manches Mal die Anforderungen des Lebens müde und erschöpfend wahrgenommen werden. Viele erleben die Tatsache der Pandemie als einen hintergründig-unbewusst Energie raubenden Faktor. Die Welt ist nicht mehr so selbstverständlich, wie sie sich vermeintlich ‚früher‘ angefühlt haben mag.
Manche kennen – unabhängig von der Pandemie – das Gefühl, dass gestellte Aufgaben, dass hinzunehmende Schicksale, dass unlösbare Konflikte im privaten wie im gesellschaftlichen Raum auf die Dauer müde machen und erschöpfen. Nicht selten fehlt eine Mut machende Perspektive, fehlt eine grundlegende Zuversicht, die sich trotz aller Widerlichkeiten getragen weiß.
Wenn der Evangelist das Auftreten Jesu so zugewandt beschreibt, dann wird er damit Erfahrungen aufgegriffen haben, die Menschen mit dem irdischen Jesus gemacht haben. Die Heilungsgeschichten, die der Evangelist in den Kapiteln vorher beschrieben hat, zeugen von dieser Erfahrung. Das Erste, das wir bewusst aufnehmen dürfen: Jesus wird gezeichnet als der, der angesichts der Not ein mitleidendes Erbarmen zeigt. Menschen sind geplagt und liegen sprichwörtlich am Boden mit ihrer Kraft.
Für die weitere Abfolge des Berichtes wird dieser Hinweis von Bedeutung sein, dass Jesus die Menschen überhaupt so wahrnimmt. Denn Jesus wird die Jünger genau in diese Sendung schicken: Die Menschen wahrzunehmen, auch in ihrer Not und Erschöpfung. Es ist nicht selbstverständlich, dass Not wahrgenommen wird und einen innehalten lässt auf dem eigenen Weg.
Der Evangelist gibt auch einen Grund für die Not der Menschen an: Sie sind ‚wie Schafe, die keinen Hirten haben.‘ Die in den Texten des Alten Testamentes bewanderten Zuhörer des Matthäus werden sich gleich vor allem an die leidenschaftliche Hirtenrede des Ezechiel (Kap 34) erinnern. Da wird den religiösen Autoritäten vorgeworfen, dass sie aus lauter Selbstsucht die Not der Mitmenschen gar nicht mehr wahrgenommen haben. Sie haben sich selbst im Blick gehabt, aber nicht die Menschen. Und weil die, die eigentlich Repräsentanten des gütigen Gottes sein sollten, versagt haben, kündet Gott an, selbst Hirte seines Volkes zu sein. Er kündigt an: ‚Ich werde über sie einen einzigen Hirten einsetzen, der sie weiden wird, meinen Knecht David.‘
Die Jesus-Nachfolgenden haben in Jesus diesen verheißenen messianischen Hirten für Israel gesehen. Wie Gott sich die Wirkung des Hirtenamtes vorstellt, das konnten die Zeitgenossen an Jesus ablesen. Er wird zum Abbild der erbarmenden Hirtensorge Gottes – im Wahrnehmen der Not und in der Zuwendung des tatkräftigen, heilenden Erbarmens.
Es gibt immer Not unter den Menschen – daher spricht der Evangelist von der Ernte, die groß ist. Das Himmelreich ist nahe, so steht es in den Anfangsworten des Auftretens Jesu. Viele Menschen mögen berührt sein, heilsam berührt sein von der Begegnung mit dem liebenden Erbarmen Gottes. Dazu bedarf es vieler Menschen, die Zeugin und Zeuge dieser Zuwendung Gottes werden. Erntezeit ist auch begrenzte Zeit. Und ist es so wichtig, die Zeit der Möglichkeit nicht unnütz verstreichen zu lassen. Es geht um die Möglichkeit, die Geplagten für wahr, für gegenwärtig zu nehmen und ihnen etwas vom nahe gekommenen Himmelreich zu übermitteln. Das ist nicht mit frommen Gedanken und Worten zu erledigen. Das Matthäusevangelium weist immer wieder darauf hin, dass es ohne die erfahrbare Tat kaum vermittelbar ist, dass das Himmelreich, die Gegenwart Gottes, uns nahegekommen ist. Und weil es eine begrenzte Zeit, einen Kairos für diese Vermittlung gibt, wird angeregt, ‚den Herrn der Ernte zu bitten, Arbeiter für seine Ernte auszusenden.‘
Dann sehen wir die Szene, wie Jesus die zwölf Jünger zu sich ruft und ihnen Vollmacht gibt. Es sind die Vollmachten, mit denen Jesus selbst das Erbarmen Gottes sichtbar gemacht hat: ‚unreine Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen.‘ Die von Jesus Gesendeten sollen dieses Handeln Jesu weiterführen. Sie sollen vor allem die Not und Plage der Menschen sehen und sich ihr heilend zuwenden.
Wir hören die Namen der Zwölf. Es sind nicht zufällig zwölf. Matthäus spricht zu Christen, die meistens aus dem Judentum kamen. Diese wussten, dass Gottes Heilswirken durch die zwölf Stämme Israels weitergetragen werden sollte. Im Verständnis der damaligen Christengemeinden ist dieser Auftrag nun an die Gemeinschaft der Kirche übergegangen.
Nun beginnt der Kern der sogenannten ‚Aussendungsrede‘ im Matthäusevangelium. Es werden zunächst die Adressaten der Sendung genannt: ‚Geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel!‘ An dieser Stelle des Evangeliums werden die Heiden und die Städte Samariens noch ausdrücklich ausgeschlossen. Erst am Ende des Evangeliums wird die Sendung allen Völkern der Erde gelten.
Die Eingrenzung auf das Haus Israel umschreibt das Gebiet Galiläa, das Haus Israel, das nach der Auferweckung Jesu auch der ‚Ort‘ sein wird, in dem der auferweckte Herr zu finden ist. Galiläa wird zum Symbol für den heilenden Jesus, der ‚die vielen Menschen sah und Mitleid mit ihnen hatte; denn sie waren müde und erschöpft.‘ In dieser Erfahrung liegt die Berührung mit dem nahegekommenen Himmelreich. Nach seiner Auferweckung werden die Jünger nach ‚Galiläa‘ geschickt, bevorzugt zu den Menschen, denen sich der irdische Jesus zuwendete.
Der Auftrag für die Gesendeten ist die Ankündigung, dass ‚das Himmelreich nahe ist‘! Die Begegnung mit Gott ist in Jesus nahegekommen. Begegnung in der Erfahrung des Erbarmens. Im Auftrag an die Jünger kommt all das zum Tragen, was vorher vom Wirken Jesu berichtet wurde: ‚Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus.‘ Diese Aufzählung stellt die Jünger in die Linie der Fortführung der Sendung Jesu. Was das dann konkret in der Begegnung der Jünger mit anderen Menschen bedeutete, wird vermutlich je eigene Ausgestaltung gehabt haben.
Wenn wir als Zuhörende uns auch als die Gesendeten verstehen dürfen, dann werden wir vielleicht selbst beobachten können, wo Menschen durch uns Heil erfahren, wo sie zum Leben neu ermutigt werden, wo sie von Abgrenzung und Abwertung befreit sind, wo ihnen die Angst vor der Fremdbestimmung genommen werden konnte. Und während wir uns als Gesendete verstehen mögen, werden die meisten von uns auch wissen, wie sehr wir ab und an auch auf solche Gesandten angewiesen sind. Auch wir sind Menschen, die in ihrer Not wahrgenommen werden möchten, die heilender Nähe bedürfen – in dem Maß, das unserem Wesen entspricht. Keine nur leichte Aufgabe, den Menschen gegenüber gerecht zu werden in ihrer eigenen und eigen gearteten Persönlichkeit.
Unser Text endet mit dem Hinweis: ‚Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.‘ Dieser Satz erinnert die Gesendeten daran, dass sie selbst Beschenkte sind. Dieses Wissen mag sie dankbar-demütig stimmen in der Begegnung mit ihren Not leidenden Mitmenschen. Die Jünger selbst haben diese barmherzige Zuwendung Jesu erfahren. Sie gehörten zu denen, die wie Schafe waren, die keinen Hirten hatten. Aus der Erfahrung der liebenden Barmherzigkeit Jesu haben sie wohl die Kraft und den Mut gefunden, sich senden zu lassen.
Die Menschenfreundlichkeit Jesu als erfahrbarer Ausdruck, dass das Himmelreich nahe ist, die mag uns ermutigen, uns gesendet zu sehen. Und dass das keinen überheblichen Stolz vertragen kann, das lehrt uns das Wissen um die eigene Erbarmungswürdigkeit. Diese aus Zurückhaltung und Liebe zu erfahren, ist das unverdiente Geschenk, das Umsonst, das die Menschen um Jesus wohl erfahren und dankbar begriffen haben.
Ihr Matthias Schnegg
Die steinkonservatorischen Arbeiten sind nun beendet. Der neu aufgebrachte Mörtel muss sich noch etwas festigen. Dann können die Maler den Anstrich erneuern. Es wird absehbar, dass das Gerüst wieder abgebaut werden kann und die Fassade von der Rheinuferstraße wieder ansehnlich wird. <
Und die Gedanken zur Bedeutung der Gesänge in der Liturgie werden kommenden Sonntag fortgesetzt…
14.06.2020 - 21.06.2020
11. Sonntag im Jahreskreis 2020:
19.00 Uhr Wortgottesdienst
Freitag der 11. Woche
im Jahreskreis:
18.00 Uhr Wortgottesdienst,
anschließend Bibelgespräch
in der Kirche
12. Sonntag im Jahreskreis 2020:
19.00 Uhr Heilige Messe
Der Prozess der Anpassung erfordert bestimmte Regeln, die durch die Einschränkungen erzwungen sind. Dazu gehört die Notwendigkeit, die Mitfeier am Gottesdienst anzumelden. Wie problematisch, aber auch den Umständen geschuldet das ist, wissen wir.
Bitte nur über das Pfarrbüro bei
Frau Nowakowski anmelden:
Mo-Fr 9-12 Uhr, nur Do 15-18 Uhr.
Tel: 0221/214615 oder
per Mail pfarrbuero@lyskirchen.de –
auch da nur Mo ab 9 Uhr bis Fr 12 Uhr.
Praktische Hinweise beim Kommen
zum Gottesdienst
Dass das alles nicht schön ist und teils auch als Zumutung erfahren wird, ist klar. Die Alternative wäre Stillstand. Danke für das geduldige oder gar humorig hingenommene Mitaushalten der Situation.
Die Wortgottesdienste an den Freitagen wollen wir beibehalten. Es ist kostbar, dass seit März diese Wortgottesdienste von Gemeindemitgliedern geleitet wurden. Das hat sich so ergeben – wie so vieles im Werden der Gemeinde. Wenn etwas reif ist, geschieht es, ohne dass es aufwendiger Organisation bedarf. Jetzt ist die Zeit, die Wortgottesdienste als Gegenwart des auferweckten Herrn (Realpräsenz) im Wort der Offenbarung in die Leitung der Gemeinde zu geben. Wer interessiert ist, einen solchen Gottesdienst vorzubreiten und zu leiten, mag sich bitte bei mir melden (schnegg@lyskirchen.de oder 0221/2570564 oder mich direkt ansprechen). Es können auch mehrere zusammen diese Aufgabe übernehmen. Es gibt ein Aufbauplan, wie so ein Gottesdienst in der Regel gestaltet ist. Er darf auch gerne individuell variiert werden.