Sein Reich wird
niemals untergehen.
Lesung aus dem Buch Daniel
Ich, Daniel, hatte während der Nacht eine Vision:
Da kam mit den Wolken des Himmels einer wie ein Menschensohn. Er gelangt bis zu Hochbetagten und wurde vor ihn geführt. Ihm wurden Herrschaft, Würde und Königtum gegeben. Alle Völker, Nationen und Sprachen müssen ihm dienen. Seine Herrschaft ist eine ewige, unvergängliche Herrschaft. Sein Reich geht niemals unter.
Dan 7, 2a. 13b-14
Ich bin das Alpha
und das Omega
Lesung aus der Offenbarung des Johannes
Jesus Christus ist der treue Zeuge, der Erstgeborene der Toten, der Herrscher über die Könige der Erde. Er liebt uns und hat uns von unseren Sünden erlöst durch sein Blut; er hat uns zu Königen gemacht und zu Priestern vor Gott, seinem Vater. Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit. Amen. Siehe, er kommt mit den Wolken, und jedes Auge wird ihn sehen, auch alle, die ihn durchbohrt haben; und alle Völker der Erde werden seinetwegen jammern und klagen. Ja, amen. Ich bin das Alpha und das Omega, spricht Gott, der Herr, der ist und der war und der kommt, der Herrscher über die ganze Schöpfung.
Offb 1,5b-8
+ Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes
Pilatus ging wieder in das Prätorium hinein, ließ Jesus rufen und fragte ihn: Bist du der König der Juden? Jesus antwortete: Sagst du das von dir aus, oder haben es dir andere über mich gesagt? Pilatus entgegnete: Bin ich denn ein Jude? Dein eigenes Volk und die Hohenpriester haben dich an mich ausgeliefert. Was hast du getan?Jesus antwortete: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn es von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Aber mein Königtum ist nicht von hier. Pilatus sagte zu ihm: Also bist du doch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme. Pilatus sagte zu ihm: Was ist Wahrheit?
Joh 18, 33-38b
Nicht die biblische Erzählung an sich macht sie uns zu einem Wort, das uns in Gottesbeziehung bringen will. Die Möglichkeit, über das Wort Gottes in der Beziehung zu Gott zu wachsen, ist lebensfördernd – für alle, die aus dem Glauben ihr Leben zu deuten suchen. Biblische Texte werden ‚Offenbarung‘, werden Medium der Begegnung zwischen Gott und Mensch, wenn sie sprechend werden in die Lebenssituation, in der wir uns befinden. Dass das sehr individuell ist, braucht nicht betont zu werden; daher wird auch nicht jeder Text der Bibel zu jeder Zeit für uns sprechend sein können.
Am letzten Sonntag im Kirchenjahr feiern wir das ‚Hochfest unseres Herrn Jesus Christus, des Königs des Weltalls‘ – uns geläufiger als: Christkönigsfest. In unserer demokratisch orientierten Lebensform hat das Bild des Königs nicht mehr so große Kraft wie in Zeiten der Selbstverständlichkeit von monarchischen Regierungsformen. Wie wird da die biblische Überlieferung des Johannesevangeliums sprechend? Wir lesen einen Abschnitt aus dem Verhör Jesu vor Pilatus. Es geht um das Verständnis der Königswürde Jesu.
Mag sein, dass das Bild der Königsgestalt uns fremd ist. Leichter verstehbar wird, wenn wir die Entstehungsgeschichte des Christkönigsfestes mit im Blick haben. Dann wird das Bild vom König zu einem Symbol des Machtanspruchs. Wem gilt es, in verwirrenden Zeiten zuzugestehen, mir Orientierung zu geben? Wem gestatte ich, Einfluss auf mich zu nehmen? Wem vertraue ich mich an, um Stärkung der eigenen Position zu bekommen, wenn so vielfältige Entwürfe für ein glückendes Leben miteinander konkurrieren? Wem traue ich zu, dem Wohl der Menschengemeinschaft zu dienen?
Papst Pius XI. hat 1925 das Christkönigsfest eingerichtet. Es sind die Zeiten nach dem 1. Weltkrieg, Zeiten des Verfalls der Monarchien, Zeiten einer vielfältigen gesellschaftlichen und politischen Orientierung. Es sind Zeiten des Genusses und Zeiten der radikalen Infragestellung des Genusses. Es treten radikale politische Systeme in einen Wettstreit. Die Gesellschaft zersplittert, radikalisiert sich auf der einen Seite, während auf der anderen die ‚goldenen Zwanziger‘ sich des Lebens freuen. Andere vegetieren in kärglichster Armut.
Und gleichzeitig scheint unterschwellig die Befürchtung immer fühlbarer zu sein, dass aus einer solchen Zerrissenheit auch eine Katastrophe werden kann.
Beim Lesen der Zeitumstände der Einführung des Christ-Königs-Gedankens werden wir Widerhall in uns finden. Manche spüren eine Angst aufkommen, dass das so sicher geglaubte Leben in Frieden bedroht ist durch mangelnden Gemeinschaftssinn, durch mangelnde Orientierung, die dem Wohl der Menschheit dient.
In diese Situation hören wir den Ausschnitt aus dem Verhör Jesu vor Pilatus – so, wie der Evangelist Johannes ihn überliefert hat. Wir nehmen diese Szene wahr. Wir lassen sie durchlässig sein auf das, was uns bewegt. Bei der Frage nach dem König ist ein Bild des monarchischen Hofglanzes verblasst. Der Titel ‚König‘ wird zum Symbol für einen Machtanspruch.
Wir fallen mitten in das Verhör des Pilatus. Gegner haben Jesus ausgeliefert – mit dem Ziel, ihn zu vernichten. Diese Wut auf Vernichtung hat sich aufgestaut, u. a. weil Jesus mit einer Entschiedenheit der Macht Gottes Gestalt gab, anders als die religiösen Führer des Judentums. Dass Jesus diesen Anspruch erheben konnte, hat der Evangelist mit seiner Würde als ‚Sohn Gottes‘, als ‚Christus‘ belegt. Er kommt aus der Sphäre Gottes. Er ist in der Welt. Er kehrt zurück in die Gemeinschaft mit Gott. Das Johannesevangelium stellt Jesus in unerschütterlicher Souveränität dar, selbst in der Situation der Auslieferung vor menschlicher Macht.
Die Frage des Pilatus eröffnet unsere Szene: ‚Bist du der König der Juden?‘ Die aufmerksame Leserschaft des Evangeliums erinnert sich, dass schon am Anfang des Evangeliums dieser Titel ‚König von Israel‘ (1,49) verwendet wird. Bis auf den vermeintlich kleinen Unterschied: nicht ‚König der Juden‘, sondern ‚König von Israel‘. Der Evangelist markiert damit den Unterschied: ‚König von Israel‘ ist ein Titel der Verheißung Gottes an Israel. ‚König der Juden‘ ist im Mund des Römers ein Titel einer Religionszugehörigkeit. Letztlich interessiert ihn diese Dimension nicht. Das religiöse Element der Lebensdeutung ist hier konfrontiert mit dem rein weltlichen Element, jenseits eines Bezuges zum Transzendenten, zum Göttlichen. Der Evangelist wird diesen Gegensatz uns zumuten. Es bedarf schon einer Entscheidung, aus der Perspektive des Glaubens schauen zu wollen, wenn es um die Wahrnehmung der Orientierung geht.
Der Konflikt weltliche und religiöse Deutung wird im Dialog von Ankläger und Angeklagten benannt. Jesus fragt in unserer Szene, ob Pilatus die Verbindung Jesus-Königtum der Juden aus sich habe oder ob er von anderen davon erfahren habe. Die schroffe Antwort des Pilatus weist die religiöse Deutung zurück: ‚Bin ich denn ein Jude?‘ Und er will zur Sachlichkeit finden: ‚Was hat du getan?‘
Die Antwort Jesu geht auf diese konkrete Frage nicht ein. Die Antwort markiert die radikale Unterschiedlichkeit des Verständnisses von Königsein, des Verständnisses von Machtanspruch. Jesu Wirken spricht von einer anderen Macht als der der menschlichen Bemächtigungen. In der Logik menschlich-königlicher Macht wäre eindeutig, was zu tun wäre: ‚Wenn (das Königtum Jesu) von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen ...‘ Weltliche Macht muss sich erstreiten, muss sich absichern, bei Bedarf auch unter Anwendung von Gewalt. Der Evangelist setzt dem mit Entschiedenheit entgegen: ‚Aber mein Königtum ist nicht von hier.‘
In unserer Szene kann ein Mann wie Pilatus nur rational antworten: ‚Also bist du doch ein König?‘ Für den Erzähler ist diese Frage eine Zuspitzung des Kontrastes. Der Machtanspruch Jesu ist von anderer Art als der eines weltlichen Herrschers. Die Macht Jesu gründet in der Sendung, die von Gott ausgegangen ist. Die ‚Wahrheit‘, von der Jesus Zeugnis ablegt, ist die Wahrheit Gott. Wie diese Wahrheit bezeugt und gelebt wurde, davon hat der Evangelist eindrücklich erzählt. Ein unübersehbares Zeichen wird bald erzählt werden: das der Fußwaschung. Die Andersartigkeit eines Herrschaftsanspruches kann kaum augenfälliger und sinnenfälliger bezeugt werden als in einem solchen Zeichen der Größe des Dienens. Die tätige Würdigung, die tatkräftige Liebe, die den Menschen entgegengebracht wird, wird greifbare Erfahrung dessen, was die Wahrheit ‚Gott‘ bedeutet.
Unser Textabschnitt endet mit der johanneischen Feststellung: ‚Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.‘ In der Szene des Verhörs setzt sich Pilatus ab. Er wirft den Satz in den Raum: ‚Was ist Wahrheit?‘ – und der Erzähler lässt Pilatus dann den Raum verlassen. Wir können einen solchen Satz nachdenklich hören; er kann aber auch abschätzig-zurückweisend gemeint sein: Diese Dimension der Lebensdeutung lehne ich, Pilatus, ab. Daher wird auf die Stimme des Christus hören, wem es um die Gottesbegegnung geht.
Die Szene ist für uns beendet. Wir haben sie gehört, miterlebt auf dem Hintergrund der aktuellen Welt- und Lebenserfahrung. Wir verstehen vielleicht noch einmal mehr, dass es eine Entscheidung ist, aus dem Glauben an Gott und seinen Christus Jesus das eigene Leben und die gesellschaftlichen und politischen Fragen unserer Zeit anzugehen. Zur Zeit der Einführung des Christkönigsfestes war die religiöse Dimension vermutlich noch eine gesellschaftlich wenig in Frage stehende Selbstverständlichkeit. Als Gegendemonstration gegen den Führerkult der Nazizeit hat die katholische Jugend den Bekenntnissonntag begangen – einen Tag des öffentlichen Bekenntnisses, dass ein Mensch nicht den Machtanspruch über andere Menschen erheben darf. Gott allein steht dieser Anspruch zu – und dessen Machtausübung ist im biblischen Zeugnis die Freilassung der Liebe und des Dienens.
Unsere Zeit ist eine andere als die der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Wir werden in eine Entscheidung weiter wachsen, wie wir die Dinge und Aufgaben unserer Gesellschaft und des Weltzusammenhangs deuten und gestalten wollen. Die Antwort aus dem Fundus des Glaubens ist gesellschaftlich keine Selbstverständlichkeit mehr. Das kann aber auch eine eröffnende Ermutigung sein, sich selbst unter die Herrschaft eines Königs zu stellen, der nicht von dieser Welt ist.
Ihr Matthias Schnegg
Christkönigssonntag:
11.00 Uhr Mess op Kölsch
der Karnevalsgesellschaft
Lyskircher Junge
18.00 Uhr Heilige Messe der Gemeinde
Donnerstag:
15.00 Uhr Rosenkranzgebet für den Frieden und die Versöhnung der Religionen und Kulturen
Freitag:
18.00 Uhr Heilige Messe in der Krypta
Anschließend Bibelgespräch im Pfarrsälchen
1. Advent:
18.00 Uhr Rorate-Messe der Gemeinde
Kollekte: LYSKIRCHENSonntag
Victoriastr. 12
50668 Köln
Heilige Messe im NOTEL
jeweils dienstags und donnerstags
um 18.45 Uhr
Die 36. Lesenacht in Lyskirchen ist am 18. Mai 2019 um 19 Uhr.
Gelesen wird die APOSTELGESCHICHTE